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5 Schaffung der rechtlichen
Grundlagen
 
Neben den Technologischen Schutzmechanismen zur Sicherung des Musikvertriebs
im Internet, müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen den neuen Herausforderungen
an die digitale Musik im Internet angepaßt werden. In diesem Sinne
wird (seit Dezember 1997) an einer EU-Richtlinie, für die Anpassung
der bestehenden WIPO-Verträge WCT (WIPO Copyright Treaty) und WPPT
(WIPO Performance and Phonograms Treaty) an den Urheberrechtschutz in
der Informationsgesellschaft, gearbeitet.
Die Musikindustrie hatte bisher die wirtschaftliche und rechtliche Hoheit
über ihren Vertriebsweg. Dies ist im Internet nicht mehr möglich.
Hier konkurrieren ihre Interessen mit den wirtschaftlichen Interessen
der Technologieunternehmen, Netzbetreiber und Serviceanbieter. Die Musikindustrie
besteht auf der Sicherung des Urheberrechts für die neuen digitalen
Nutzungsarten, aufgrund eines alleinigen Verbreitungs- und Vervielfältigungsrechts
beim Urheber und fordert die Mitverantwortlichkeit der Dienst-, Netz-
und Hardwareanbieter für die Einhaltung dieses Rechts. Die Wirtschaft
hingegen ist an einer sofortigen Nutzung von Musik im Internet interessiert
und möchte hohe Aufwendungen für Schutzvorkehrungen und Mitverantwortlichkeit
vermeiden. Manche Vertreter der Wirtschaft fordern gar gesetzliche Zwangslizenzen,
die von den Tonträgerherstellern eingefordert werden können
und die zur Eröffnung eines größeren Repertoires und zu
einer schnelleren Erschließung des digitalen Musikvertriebs im Internet
führen sollen. Entsprechend werfen Vertreter der Musikindustrie den
Netzbetreibern ein Interesse an der Generierung von Netzverkehr durch
ungeschützte Inhalte und ein Desinteresse an der Mitentwicklung von
Schutzvorkehrungen und Filtern vor.
Die Forderungen an die neue EU-Richtlinie zur Erweiterung des Urheberschutzes
in der Informationsgesellschaft ergeben sich im wesentlichen aus den neuen
Nutzungs- und Verbreitungsmöglichkeiten digitaler Musikdaten und
aus den Positionen der Musikindustrie, sowie der Netz- und der Hardwareanbieter.
Ebenso darf aber auch die bestimmungsmäßige Nutzung der Musik
durch den Konsumenten und dessen Recht nicht eingeschränkt werden.
Während in Europa die entsprechende Rechtliche Grundlage im Jahre
2000 erwartet wird, wurde im Oktober 1998 in den USA der Digital Millenium
Copyright Act (DMCA) als Erweiterung der in Kapitel 2.3.2 beschriebenen
WIPO-Verträge verabschiedet. Nachfolgend seinen die Kernthemen der
EU-Richtline dargestellt.
Zur wirksamen Sicherung von codierter und geschützten Musik müssen
Technologien zur Umgehung von technischen Schutzsystemen gesetzlich untersagt
werden. Dies betrifft Soft- und Hardwareprodukte, die eine Nutzung inhaltsgeschützter
Musikdaten ermöglichen oder den Kopierschutz digitaler Musikdaten
entfernen. Problematisch sind hier jedoch Produkte, die innerhalb ihrer
Funktionsvielfalt eine Umgehung ermöglichen, dieses aber nicht ihre
Hauptfunktion ist. Die angesprochene Resampling-Funktion von Computer-Soundkarten
ist z.B. nicht primär zur Umgehung eines Musikschutzes, sondern im
Funktionsumfang der Soundkartentreiber enthalten. Ebenso soll der Musikkonsument
nicht in seinen Nutzungsrechten und -Möglichkeiten eingeschränkt
werden, wenn er etwa gekaufte codierte Musik in das einheitliche Format
seiner Musiksammlung umwandelt. Diesem privaten Nutzungsrecht, als Einschränkung
des Urheberrechts in 2.3.1 beschrieben, soll nicht widersprochen werden.
Das Recht auf Musikkopien für den privaten Gebrauch wurde dem Käufer
zugesprochen, als nur analog kopiert werden konnte. Die Vergütung
erfolgte über die Leerkassetten und Geräteabgabe. Der Entwurf
der EU-Richtlinie schlägt vor, zwischen digitalen und analogen Kopien
zu unterscheiden. Digitale Vervielfältigung bietet Ansatzpunkte private
Vervielfältigung zu kontrollieren und individuell die Rechteinhaber
einer Musikaufnahme zu vergüten. Eine Gebühren- oder Abgabenregelung
soll nur dort in Betracht kommen, wo durch technische Möglichkeiten
vor Kopien nicht geschützt werden kann.
Die digitale Musikdistribution nutzt grenzüberschreitend die Dienste
von Netzbetreibern und Serviceprovidern. Dieser Distributionsweg unterliegt
nicht mehr dem Einfluß der Musikindustrie, so daß Rechtsverstöße
und Mißbrauch nicht mehr direkt kontrolliert werden können.
Urheberrechtsverletzungen von digitaler Musik können das illegale
Vervielfältigen (Kopieren, Digitalisieren), illegale Veröffentlichen
(Download, Streaming) oder das unerlaubte öffentliche Senden von
Musik (Internet-Broadcast) sein. Mit der Regelung in § 5 TDG (Teledienste-Gesetz)
hat der deutsche Gesetzgeber 1997 eine Regelung zur Verantwortlichkeit
von Dienstanbietern und Netzbetreibern für die Übermittlung
rechtswidriger Inhalte in Online-Diensten getroffen. Dienstanbieter, die
fremde Inhalte zur Nutzung bereithalten, sind danach dann verantwortlich,
wenn sie von diesen Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich
und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern. Da es sich bei Musikpiraterie
um rechtswidrige Nutzung (den Verstoß gegen Vervielfältigungs-
und Verbreitungsrecht) legaler Inhalte handelt, gilt es, so die Vertreter
der Musikindustrie, die Verantwortlichkeit hier genauer festzulegen. Urheberrechtlich
problematisch sind auch die technisch bedingten Vervielfältigungen
beim Übertragungsprozeß innerhalb des Internet. Die Zwischenspeicherung
von Dateien bei der Übertragung im Netz (Cachen) kann zu nachfolgender
absichtlicher oder unabsichtlicher unvergüteter Nutzung von Musikdateien
führen. Der DMCA nimmt hier die Serviceprovider mit in die Verantwortung
und schreibt Regeln für die Verwaltung und Filterung der Caches vor.
Die Musikindustrie sieht in der Kontrolle der Übermittlungswege die
Möglichkeit zur Filterung illegaler Angebote im Internet. Im Hinblick
auf unterschiedlichen Rechtsschutz in einzelnen Ländern und dadurch
illegale Angebote im Ausland, wird so eine von der Herkunft illegaler
Daten unabhängige Bekämpfung möglich.
Digitale Musik eröffnet neben dem Digitalem Musikvertrieb in Zukunft
neue Verwertungsmöglichkeiten durch Internet-Radio (Broadcasting),
digitalen Rundfunk und Near-On-Demand Dienste. Ausgenommen seien hier
On-Demand-Diensten, die interaktiv auf Wunsch Musik abspielen. Near-On-Demand
Dienste bezeichnen Mehrkanaldienste, die fortlaufend ohne redaktionelle
Gestaltung Musik nach verschiedenen Stilrichtungen auf mehreren Kanälen
digital anbieten. Auch besteht durch Internetbroadcasting und digitalen
Rundfunk die Möglichkeit von vielen spezialisierten Spartensendern.
Die verschiedenen digitalen Sendearten erlauben es, zusätzliche Informationen
über die gespielte Musik innerhalb des Sendebetriebes zu übertragen.
Durch vorheriger digitale Programmankündigungen wird es möglich,
automatisiert gezielt Musiktitel auszuwählen. Die Sendung in digitaler
Qualität wird vergleichbar mit der Distribution von Musik in digitaler
Qualität und tritt damit als Konkurrenz für die traditionelle
und digitale Musikdistribution auf. Dabei unterliegen digitale Sendungen,
so wie der traditionelle Rundfunk, keiner Erlaubnispflicht der Rechteinhaber
und zahlen eine Vergütung allein für das Senderecht. Die Musikindustrie
strebt eine Änderung des traditionellen uneingeschränkten Senderechts
an.
Problematisch für die Festlegung von wirksamen Gesetzen ist, im
Spannungsfeld zwischen Schutz, wirtschaftlicher Innovation und persönlicher
Freiheit der Konsumenten, allgemeine und langfristig gültige Regeln
zu schaffen.
Wie schnell jedoch im Umfeld des sich schnell entwickelnden Mediums Internet
neue, urheberrechtlich nicht abzusehende, Nutzungsmöglichkeiten entstehen,
zeigt das Beispiel von Napster (www.napster.com) in den USA. Öffentliche
Sendungen und öffentliche On-Demand-Dienste sind laut des DMCA erlaubnispflichtig.
Eine private Musikvorführung von Musik unter persönliche Freunden
ist nicht verboten. Napster schafft über das Internet persönliche
Einzelbeziehungen zwischen zwei "Freunden" ihrer Community,
woraufhin diese sich gegenseitig Musik auf ihrem Computer vorspielen.
Es erfolgt keine Lieferung oder öffentliche Sendung durch Napster,
sondern nur das Herstellen einer Beziehung. Der Teilnehmer wählt
und hört sich die Musiksammlung seines persönlich über
das Internet gefundenen Partners, eben auch über das Internet, an.
Je nach Größe der Community entsteht ein umfangreiches und
unentgeltlich zu nutzendes Musikrepertoire. Eine Einstellung des Service
durch rechtliche Schritte waren bisher nicht möglich.
(Nachtrag des Autors: Im Januar 2001 wurde Napster durch Bertelsmann
übernommen. Bertelsmann plant Napster zu einem Musikabonnementdienst
umzuwandeln. Wieviele der Napster-User in Zukunft bereit sind, für
den Musiktausch-Dienst zu zahlen ist fraglich.
Da der überwiegende Teil der getauschten Musikstücke urheberrechtlich
geschützt ist und für deren Verbreitung eine Verantwortung dem
verbreitenden Dienst mit anhaftet, hat schließlich im März
2001 die US-Recording Industry gerichtliche eine Einstellung der Musiktauschbörse
Napster erwirkt. Naster verspricht für die Zukunft einen Schutz zu
implementieren, so dass urheberechtlich geschützte Musikstücke
nicht mehr kostenlos austauschbar sind. )
 
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